Trinidad und Tobago: Die Abschiebung von 165 Venezolanern verstößt gegen internationales Recht

Übersetzte Presseerklärung vom 06.August 2020

Als Reaktion auf Berichte, wonach die Behörden von Trinidad und Tobago in den letzten Wochen mindestens 165 Venezolaner abgeschoben hätten, antwortete Louise Tillotson, Karibik-Researcherin bei Amnesty International, wie folgt:

„Es ist kein Geheimnis, dass die Behörden von Trinidad und Tobago die irreguläre Einreise in das Land unter Strafe stellen, obwohl dies gegen internationale Menschenrechtsstandards verstößt. Aber venezolanische Flüchtlinge zurück in die sowohl menschenrechtlich als auch humanitäre Notlage mitten in einer Pandemie zu schicken, stellt eine unerhörte Verletzung der Standards dar, denen sich Trinidad und Tobago gemäß internationalem Recht verpflichtet hat. Niemand darf an einen Ort zurückgeschickt werden, an dem ernsthafte Menschenrechtsverletzungen drohen.

Amnesty International ist sich bewusst, dass COVID-19 die Regierungen weltweit vor große Herausforderungen stellt und die Regierungen in diesem Zusammenhang ihre Grenzen kontrollieren können. Doch die Behörden von Trinidad und Tobago verbreiten ein fremdenfeindliches Narrativ, indem Menschen, die aus Venezuela fliehen, mit dem COVID-19-Virus in einer Weise in Verbindung gebracht werden, die die Gefahr birgt, dass Menschen, die internationalen Schutz benötigen, weiter  stigmatisiert und diskriminiert werden. Anstatt das Strafrecht zur Sanktionierung von Menschen heranzuziehen, die gezwungen waren und sind, alles zurückzulassen – was auch dazu führen könnte, dass Menschen weiter in den Untergrund und weg vom Gesundheitswesen gedrängt werden – sollten die Behörden mit Nichtregierungsorganisationen, UN-Organisationen und Zehntausenden von Venezolanern zusammenarbeiten, die in Trinidad und Tobago in den letzten Jahren ihre Heimat gefunden haben. So lassen sich Lösungen erarbeiten, welche die internationalen Menschenrechtsverpflichtungen von Trinidad und Tobago erfüllen.“

Im Juli haben Medien wiederholt berichtet, dass die Behörden in Trinidad und Tobago Venezolaner festgenommen und unter Quarantäne gestellt hätten.

In einer Pressekonferenz am 25. Juli behauptete der Minister für nationale Sicherheit von Trinidad und Tobago, dass „illegale Einwanderer“ und „boat people“ sowie Geschäftsleute, die jene Einwanderer “eingeschleppt” hätten, ein potenzielles Gesundheitsrisiko darstellten, und gab eine Hotline-Nummer bekannt, bei der sich die Bürger melden können. Der Minister sagte auch, dass Venezolanern, die im Rahmen des sogenannten Amnestieprozesses der Regierung aus dem Jahr 2019 bereits registriert seien, über einen legalen Wohnsitz und das Recht zu arbeiten verfügten, ihr Wohnsitz widerrufen werden könnte und ihnen die Abschiebung drohe, wenn bei ihnen festgestellt würde, dass sie irreguläre Migranten “beherbergen”. Vermieter, die an irreguläre Migranten vermieteten, könnten ebenfalls strafrechtlich verfolgt werden, wie der Minister hinzufügte.

Am 27. Juli verbreitete die Polizei von Trinidad und Tobago Flugblätter auf Facebook, in denen sie erklärte, dass „illegale Einwanderung“ eine „neue Welle von COVID-19“ auslösen könnte, und forderte die Menschen auf, “verdächtige Aktivitäten” zu melden.

Zuvor hatte die lokale NGO Karibisches Zentrum für Menschenrechte an die Regierung appelliert, venezolanischen Frauen und Kindern, die möglicherweise nach Trinidad gebracht wurden, zu helfen, anstatt sie zurückzuschicken und ihnen solle Zugang zu fairen und effizienten Asylverfahren gewährt werden.

Neuen Berichten zufolge werden gegen mehr als zwei Dutzend Polizisten wegen mutmaßlicher Beteiligung am Menschenhandel zwischen Trinidad und Venezuela Ermittlungen durch die Behörden von Trinidad geführt. Als Amnesty International im Januar 2020 Trinidad besuchte, teilten venezolanische Frauen, die sich als Überlebende des Menschenhandels identifizierten, den Researchern mit, dass die Polizei an Menschenhandels-Netzwerken beteiligt sei. Dies, und die Kriminalisierung der irregulären Einreise nach Trinidad und Tobago, machte ihnen Angst, die Täter zu melden, und es schuf eine Kultur der Straflosigkeit gegenüber Menschenrechtsverletzungen.

Amnesty International glaubt, dass die neuerliche Androhung der Behörden, Flüchtlinge und diejenigen, die ihnen in einigen Fällen helfen, zu kriminalisieren, das Risiko birgt, die Menschen weiter in den Untergrund zu drängen, sich zu verstecken und sich von gesundheitsdienstlichen Maßnahmen, die die gesamte Bevölkerung schützen könnten, fernzuhalten.

Für weitere Informationen oder zur Vereinbarung eines Interviews wenden Sie sich bitte an Duncan Tucker:   duncan.tucker@amnesty.org